Freitag, 5. Januar 2018

[Rezensionsexemplar] Tim Crothers - Das Schachmädchen

Phiona Mutesi zählt zu den Ärmsten der Armen in Afrika. Mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern lebt sie in einer schäbigen Wellblechhütte in Katwe, einem Slum am Rande der ugandischen Hauptstadt Kampala. Ihre Mutter kann das Geld für die Schule nicht aufbringen, und oft gehen Phiona und ihre Geschwister hungrig schlafen. Doch ein Tag im Jahr 2005 wird ihr Leben für immer verändern. Auf der Suche nach etwas zu essen, folgt sie ihrem Bruder bis zu einer staubigen Veranda – und begegnet Robert Katende, der hier Slumkindern mit einer warmen Mahlzeit versorgt und ihnen das Schachspielen beibringt: ein Spiel, das für sie so fremd ist, dass es in ihrer Sprache keinen Namen dafür gibt. Zur Überraschung aller verfügt Phiona über enormes Talent und das Unglaubliche wird wahr: Mit 11 Jahren wird sie Junioren- Meisterin, mit 15 nationale Meisterin von Uganda, 2010 reist sie nach Sibirien und nimmt an der Schach-Olympiade teil ...

Ich gebe es zu, der Hauptgrund, warum ich dieses Buch lesen wollte, war, dass es in Uganda spielt. Außerdem klang der Klappentest gar nicht so schlecht und ich wollte wissen, was sich hinter dieser Geschichte verbirgt. Ich bin also mit eher wenigen Erwartungen an das Buch gegangen, kann deshalb also nicht sagen, dass ich enttäuscht wurde, aber wirklich zufrieden bin ich eben auch nicht.

Ich habe lange nachgedacht, woran das liegt, und habe festgestellt, dass es für mich vor allem der sehr amerikanische Stil dieser Reportage ist, mit dem ich nicht so ganz klarkomme. Phionas Geschichte ist der klassische Fall des amerikanischen Traums, ein Underdog, der sich aus eigener Kraft und mit eigenem Talent emporarbeitet oder emporarbeiten kann. Dabei wird von Crothers allerdings ein bisschen übertrieben - ja, Phiona ist talentiert und mit der richtigen Förderung und dem Leben in einem Erste-Welt-Land wäre sie vermutlich eine der richtig Großen. Im Moment ist sie halt richtig, richtig gut, was in Uganda bereits ganz oben ist, aber in der internationalen Konkurrenz ist sie eher im Mittelfeld. Crothers schlachtet diese Geschichte ber ziemlich aus, ergeht sich in Details der schweren Kindheit im Slum und irgendwie finde ich es schon fast zu klischeehaft, wie er dabei vorgeht. Auch diese im ersten Drittel des Buchs so lautstark angekündigte geheimnisvolle Geschichte um Phionas Vornamen verpufft am Ende in der simplen Erkenntnis "oh sie wird mit ph geschrieben, weil ihre Mutter nicht wusste, wie man Fiona schreibt".

Darüber hinaus neigt Crothers dazu, die Geschichte aufzublasen, indem er bei jeder neu auftauchenden wichtigen Person für Phiona erst einmal deren Leben von Zeugung an schildert. Das ist in Ordnung, wenn es zum Beispiel über Phionas Trainer geht, wird aber spätestens dann etwas seltsam, wenn er das Leben eines Studenten schildert, dessen einziger Beitrag zu Phionas Schachkarriere es ist, Selbstmord begangen zu haben. Seine Eltern haben nämlich eine Stiftung ins Leben gerufen, die das Schachprogramm unterstützt. Joah - kann man so schildern, muss man aber nicht, wie ich finde. Wenn dann wirklich jede einzelne Person genannt wird und ine Vielzahl davon traditionell ugandische Namen hat, die für westeuropäische Ohren und Augen ersteinmal sehr fremd sind, dann trägt das nur bei zu einer latenten, das gesamten Buch anhaltenden Verwirrung meinerseits.

Insgesamt hätte ich Phionas Geschichte vermutlich lieber als Feature-Reportage in einem Magazon gelesen, verteilt auf deutlich weniger Seiten, dafür mit einem Fokus auf ihr und dem Schach. Dennoch bedanke ich mich beim bloggerportal, dass ich das Buch kosntelos als Rezensionsexemplar bekommen habe. :-)

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